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Grenzen ziehen - wie und wann?   |
Biggi0001 
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Grenzen ziehen - wie und wann? |
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Ich mache einfach mal den Anfang und hoffe, daß sich hier eine "fruchtbare Diskussion" entwickelt - und weise direkt eingangs darauf hin, daß diese Rubrik auch Gast-Schreibrechte hat ... wer sich also nicht unter dem "persönlichen Alias-Namen" zu Worte melden mag, kann das auch als Gast tun 
Immer wieder lerne ich Menschen kennen, die vor lauter Problemen fast zusammenbrechen - dabei sind das vielfach nicht mal "nur" deren eigene Probs, sondern man könnte sagen, die Umwelt packt noch ihre hinzu und irgendwann knallt's dann mal, auf die eine oder andere Art.
Irgendwann kommt dann der Spruch "ich kann das nicht mehr ertragen" - aber die Frage "warum stellst du es nicht ab, was du nicht ertragen kannst?" bleibt oft letzten Endes unbeantwortet. Es ist oft so und für mich sehr erschreckend, daß so viele keine Grenzen ziehen können - auch wenn dieses für sie dringend notwendig wäre, um selbst halbwegs gesund an Körper und Geist zu bleiben.
Ich glaube, es liegt daran, daß wir einfach von Anfang an erzogen werden, daß "nein" ein Unwort ist - der Mensch sei edel, hilfreich und gut ... und wenn er dran kaputt geht.
Ich habe seinerzeit in einer Therapie gelernt, Grenzen zu setzen, die ersten "Versuche" liefen ziemlich "massiv" ab und ich bin sicher etliche Male über's Ziel hinausgeschossen bzw. die Formulierung einer Absage oder Grenzziehung war halt nicht so geglückt. Zudem waren einige Leute sehr erstaunt, daß sie plötzlich eine Absage bzw. ein "Nein" vor die Nase gesetzt bekamen, wo es doch vorher immer "Ja" hieß ...
Eine Menge Konflikte sind daraus entstanden, Äußerungen wie "na, Du hast doch immer..." und "was ist denn mit Dir los" und so weiter - bis hin zu "wenn das so ist, dann kannst du mich mal" waren in großer Bandbreite dabei.
Seitdem hab ich mir immer zu verschiedenen Gelegenheiten Gedanken über dieses Thema gemacht und versuche, MEINE Grenzen nach Möglichkeit zu wahren, und zwar von vorn herein. Das fängt ganz profan damit an, daß ich halt NICHT 24 Std. am Tag telefonisch erreichbar bin, trotz Handy und endet mit einem "sorry, ich hab im Moment zuviel mit mir selbst zu tun, als mich noch mit Deinen Problemen befassen zu können" - das ist hart und schafft manchen inneren Konflikt, aber ich fahre damit auf Dauer gesehen ganz gut.
Ich bin nämlich dann, wenn ich mich zu etwas bereit finde, wirklich zu 100% bereit - und nicht nur zu 50%, weil's mir eigentlich grad gar nicht so passt ..... das wäre nämlich ein fauler Kompromiss, der weder mir noch dem anderen nutzt.
Festgestellt habe ich mit der Zeit, daß ich - auch bei einem NEIN (es wird ja auch immer begründet) - trotzdem akzeptiert werde, das heißt, ich verliere keine "Bonus-Punkte".... und wenn sich jemand auf meine Ansage hin abwendet, weiß ich wenigstens, daß da kein Geben und Nehmen, sondern nur ein Nehmen draus geworden wäre.
Ganz besonders interessant finde ich z.B. bei Angehörigen von Erkrankten, daß dort die Grenzziehung ein überaus komplexes Thema ist - man will ja unterstützen und helfen, aber möglicherweise enstehen aus dieser Hilfe und Unterstützung mit der Zeit und je nach Persönlichkeit des Betreuten überhöhte Ansprüche an die eigene Person, die irgendwann wiederum nicht mehr tragbar sind oder zu sein scheinen ....
Wie soll man damit umgehen? Wo und wie zieht man dort also die Grenze? Und wie kommt man da wieder raus, wenn man einmal in dieser "Schleife" drin hängt?
Wie sind eure Erfahrungen als Patienten, Angehörige oder einfach so bei Freunden oder Family?
Nein sagen ohne Schuldgefühle
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24.10.2007 17:14 |
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mama conny
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RE: Grenzen ziehen - wie und wann? |
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Zitat: |
Ich mache einfach mal den Anfang und hoffe, daß sich hier eine "fruchtbare Diskussion" entwickelt - und weise direkt eingangs darauf hin, daß diese Rubrik auch Gast-Schreibrechte hat ... wer sich also nicht unter dem "persönlichen Alias-Namen" zu Worte melden mag, kann das auch als Gast tun  |
Hallo Biggi, nun ich mach davon gebrauch ... darfst mich einfach mal conny nennen.
Zitat: |
Immer wieder lerne ich Menschen kennen, die vor lauter Problemen fast zusammenbrechen - dabei sind das vielfach nicht mal "nur" deren eigene Probs, sondern man könnte sagen, die Umwelt packt noch ihre hinzu und irgendwann knallt's dann mal, auf die eine oder andere Art. Irgendwann kommt dann der Spruch "ich kann das nicht mehr ertragen" - aber die Frage "warum stellst du es nicht ab, was du nicht ertragen kannst?" bleibt oft letzten Endes unbeantwortet. Es ist oft so und für mich sehr erschreckend, daß so viele keine Grenzen ziehen können - auch wenn dieses für sie dringend notwendig wäre, um selbst halbwegs gesund an Körper und Geist zu bleiben. |
Sorry ... aber das geht nicht immer! Nun mein Bsp.: Ich hab ein geistig behindertes Kind (volljährig) das kannst du nicht in eine Ecke stellen und gut ist! Ich hab versucht Grenzen zu ziehen ... aber es kommt nicht an, weil es das Kind nicht versteht.
Zitat: |
Ich habe seinerzeit in einer Therapie gelernt, Grenzen zu setzen, die ersten "Versuche" liefen ziemlich "massiv" ab und ich bin sicher etliche Male über's Ziel hinausgeschossen bzw. die Formulierung einer Absage oder Grenzziehung war halt nicht so geglückt. Zudem waren einige Leute sehr erstaunt, daß sie plötzlich eine Absage bzw. ein "Nein" vor die Nase gesetzt bekamen, wo es doch vorher immer "Ja" hieß ... |
Ich hatte eine Therapie und habe dort gelernt ganz laut um HILFE zu rufen! Nur so hab ich erreicht, das mein Kind ganz schnell in eine Einrichtung geht (wo sie sich sehr wohl fühlt) und ich für mich die Grenze gezogen habe. Für mich war es eine schnelle einfache Entscheidung ... aber meine Familie hatte damals ein Problem.
Zitat: |
Eine Menge Konflikte sind daraus entstanden, Äußerungen wie "na, Du hast doch immer..." und "was ist denn mit Dir los" und so weiter - bis hin zu "wenn das so ist, dann kannst du mich mal" waren in großer Bandbreite dabei. |
"was ist mit Dir los" sagten einige aus meiner Familie ... aber das war mir egal, weil sie mir sowiso nie geholfen haben, wenn es mir mal schlecht ging. Selbst mein Mann war zuerst dagegen und mitlerweile sagt er auch "das war die richtige Enscheidung" er merkt jetzt erst wieviel Zeit er mit dem Kind verbracht hat ... und für sich selbst (und uns beide) keine Zeit mehr übrig blieb.
Zitat: |
Seitdem hab ich mir immer zu verschiedenen Gelegenheiten Gedanken über dieses Thema gemacht und versuche, MEINE Grenzen nach Möglichkeit zu wahren, und zwar von vorn herein. Das fängt ganz profan damit an, daß ich halt NICHT 24 Std. am Tag telefonisch erreichbar bin, trotz Handy und endet mit einem "sorry, ich hab im Moment zuviel mit mir selbst zu tun, als mich noch mit Deinen Problemen befassen zu können" - das ist hart und schafft manchen inneren Konflikt, aber ich fahre damit auf Dauer gesehen ganz gut. |
Stimmt, da gebe ich dir Recht ... seit ich nicht mehr 24 Std 7 Tage die Woche wie eine ... sagen wir einmal Glucke ... mich um mein "besonderes Kind" kümmern muß, geht es mir sehr gut (ich mein jetzt psychisch).
Zitat: |
Festgestellt habe ich mit der Zeit, daß ich - auch bei einem NEIN (es wird ja auch immer begründet) - trotzdem akzeptiert werde, das heißt, ich verliere keine "Bonus-Punkte".... und wenn sich jemand auf meine Ansage hin abwendet, weiß ich wenigstens, daß da kein Geben und Nehmen, sondern nur ein Nehmen draus geworden wäre. |
Nun Biggi ... im Moment hab ich das Gefühl ... bei mir ist es eher ein Nehmen, weil ein gesundes großes Kind keine 24 Std. Betreuung braucht.
Zitat: |
Ganz besonders interessant finde ich z.B. bei Angehörigen von Erkrankten, daß dort die Grenzziehung ein überaus komplexes Thema ist - man will ja unterstützen und helfen, aber möglicherweise enstehen aus dieser Hilfe und Unterstützung mit der Zeit und je nach Persönlichkeit des Betreuten überhöhte Ansprüche an die eigene Person, die irgendwann wiederum nicht mehr tragbar sind oder zu sein scheinen .... Wie soll man damit umgehen? Wo und wie zieht man dort also die Grenze? Und wie kommt man da wieder raus, wenn man einmal in dieser "Schleife" drin hängt? |
Ich glaub, das die meisten gar nicht Wissen, wie sie mit dieser oder jener Situation umgehen sollen/können! Ich für mich würde mir wünschen, das direkt gefragt wird "was ist los" oder "wie kann ich dir helfen" ... aber dann ehrlich und mit Hilfsbereitschaft im Hinterkopf und nicht aus Sensationslust nach fragt.
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24.10.2007 20:01 |
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Der Betreiber von Schwerbehinderung-Aktuell.de distanziert sich hiermit ausdrücklich durch den von mama conny am 24.10.2007 um 20:01 verfassten Beitrag und berufen sich auf das TMG Abschnitt 3/VerantwortlichkeitSollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen bitten wir um Benachrichtigung.
Weiterhin ist zu beachten, daß sämtliche Ratschläge bzw. Empfehlungen in diesem Forum, so lange nichts anderes gesagt wird, von Laien stammen und nur auf persönlicher Erfahrung beruhen. Diese Ratschläge können somit keine rechtliche oder medizinische Beratung darstellen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit - bitte konsultieren Sie bei konkreten Fragestellungen immer Ihren Anwalt bzw. Mediziner! |
Biggi0001 
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Conny, den letzten Punkt find ich auch super-wichtig - sowohl als Frage wie auch, was die Antwort angeht .... Man ist ja drauf "konditionier" auf die Frage "wie geht's" schon automatisch zu antworten "gut"
Mach ich nicht mehr, wenn ich ehrlich bin - ich gehe davon aus, daß der Fragesteller die Frage ernst meint ... was zur Folge hat, wenn's mir schlecht geht, dann kriegt der Frager das auch zu hören, zumindest ganz allgemein in der Form von "gut" oder "nich so dolle" oder "besch****en" -- speziell bei den beiden letzteren merkt man dann oft, ob da wirklich Interesse an der Antwort besteht, wenn nämlich nur ein "Oh, das tut mir leid" oder "ach, nimm's nicht so schwer" (wohlgemerkt, ohne zu wissen, WARUM es mir bescheiden geht *ggg*) kommt, dann hab ich wohl mal wieder jemanden überfordert *grins*
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25.10.2007 12:35 |
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Biggi0001 
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wow - diese Zitat-Funktion ist doch für etwas gut - nachdem ich das grade nochmal formatiert habe, ist mir glatt aufgefallen, daß ich was übersehen hatte  -- übrigens, die funktioniert, wenn man bei der Beitragserstellung die Optionen "HTML und BB-Code aktivieren" anklickt 
Zitat: |
Sorry ... aber das geht nicht immer! Nun mein Bsp.: Ich hab ein geistig behindertes Kind (volljährig) das kannst du nicht in eine Ecke stellen und gut ist! Ich hab versucht Grenzen zu ziehen ... aber es kommt nicht an, weil es das Kind nicht versteht.
(...........)
Ich hatte eine Therapie und habe dort gelernt ganz laut um HILFE zu rufen! |
Und du sagst von Dir, du könntest KEINE Grenzen ziehen? Ich finde, mit dem Einfordern von Unterstützung hast du schon eine ganz wichtige Grenze gezogen.
Klar, daß du dein Kind nicht in die Ecke stellen kannst - es gibt Dinge, die können wir weder ändern noch beeinflussen .... aber sie z.B. auch mal an Daddy weiter zu reichen, wenn du grade mal etwas anderes tun musst oder willst, ist für meine Begriffe schon ein fetter Schritt auf dem richtigen Weg.
Ist eigentlich genau das, was ich meine - Grenzen dort ziehen, wo es geht und die Dinge akzeptieren oder hinnehmen, die man halt nicht ändern kann - aber dann wenigstens versuchen, die Begleitumstände zu verändern, das geht dann oftmals.
Mein Bruder ist auch geistig behindert und war sehr stark auf meine Mutter fixiert und sie stand auch allzeit bereit ... für meine Mum war es extrem schwer, sich auch mal zurück zu nehmen und halt mich oder meinen Dad machen zu lassen - irgendwie haben wir das erstmalig überhaupt erst üben können, als sie krank war und einfach nicht KONNTE.
Auch für meinen Bruder, wie ich mich erinnere - für ihn war sonnenklar, daß Mama für alles bereitsteht und er hat es am Anfang einfach nicht begriffen, daß z.B. auch mein Dad ne Dose Ravioli aufmachen kann 
Seinerzeit sind einige Möbelstücke den Bach runtergegangen, weil er dann regelmässig ausflippte (Autist).
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25.10.2007 12:50 |
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Cat
Moderator
   
Dabei seit: 16.10.2007
Beiträge: 33
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Grenzen für sich überhaupt ziehen zu können, hat m.M. n. sehr viel damit zu tun, die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und behaupten zu können. Probleme damit dürften - gerade heutzutage - nicht nur Behinderte haben. Aber fakt ist leider, daß man es als behinderter Mensch doppelt schwer damit hat, Anspruch auf das Respektieren dieser Behauptung der eigenen Bedürfnisse zu erheben. Zum Einen, weil die Umwelt (engere Angehörige, die einen besser kennen, ausgenommen) einen nur all zu gern in die Mitleid erregende Position manövriert. Und von jemandem, der bemitleidet werden muß, weiß "man" dann immer gleich so ganz genau, was der "braucht". Zum Anderen, weil Behinderte leider oft noch im Alltag nicht ohne diverse Abhängigkeitsverhältnisse auskommen. Für Hilfestellungen bei ganz normalen alltäglichen Verrichtungen, persönliche Assistenz eben, wird dann oft so etwas wie Dankbarkeit erwartet. Zumal diese Hilfestellungen oftmals und größtenteils von Angehörigen geleistet werden. Würde der Behinderte sich diese Dienstleistung gegen Bezahlung erbringen lassen können, wie es das Persönliche Budget vorsieht, fiele das schon mal weg. Zumindest, was das Gefühl des "da musst du schon mal Kompromisse machen"´s aus der Sicht des Behinderten betrifft. Dass aber selbst dann noch das Einhalten gewisser Verhaltensregeln seitens des Behinderten vorausgesetzt wird, habe ich selbst im Praktischen schon erlebt. Kleines Beispiel:
In meinem ersten Studium hatte ich die Fahrdienste hin und zurück selbst zu organisieren und natürlich auch zu finanzieren. Nach Zuerkennung einer (geringfügigen) EU - Rente galt ich nicht mehr als bedürftig. Ich nahm natürlich, bis auf eine einzige Ausnahme, nicht die teuren professionellen Fahrdienste, sondern griff auf private Kontakte zurück. Pro Fahrt gab´s von mir einen vorher ausgehandelten Pauschalpreis und damit war für mich die Sache klar geregelt. Für mich]!. Ich wollte nichts weiter, als von A nach B gebracht werden, so, wie das ein normaler Taxibetrieb auch geregelt hätte. Kam ich aus der Uni, qualmte mir der Schädel, angereichert mit hochphilosophischen Themen. `Jetzt nur nach Hause`, dachte ich mir. Da meine Studienfächer für mich zwar Routine, aber für Außenstehende soooo interessant waren, wurde ich im Auto erstmal gelöchert und in pseudo - philosophische Diskussionen verwickelt. Hat ´ne Weile gedauert, bis ich sagen lernte, "Jetzt nicht!", aber sobald ich es drauf hatte, kam es um so nachdrücklicher.
Oftmals griff ich auch die günstige Gelegenheit des fahrbaren Untersatzes beim Schopfe und erledigte auf dem Weg gleich noch ein paar Einkäufe mit. Diese wurden mir dann auch bereitwillig nach oben in die Wohnung getragen und schwupps, hatte ich "Besuch", ohne das eigentlich gewollt zu haben. Fühlte ich mich noch halbwegs fit, bot ich manchmal auch noch gerne an, einen Kaffee zu kochen, was allerdings bei diesem einen bestimmten privat organisierten Fahrer, sehr redselig, mitteilungsbedürftig und mit ständig wechselnder Wohnadresse (kurz, anstrengend, aber dafür preiswert ;-)) als willkommene Einladung, sich stundenlang bei mir aufzuhalten, betrachtet wurde. Von selbst kam diese Person nie auf die Idee vom "Zuviel des Guten", ich wurde sie nie ohne die klare Ansage "Du gehst jetzt bitte!" los. Nicht selten musste ich das mehrmals wiederholen. War zufällig noch eine Dritte Person anwesend (hauptsächlich meine Mutter, die liebend gern in meiner Abwesenheit meine Wohnung putzte), musste ich mir Sätze wie "Also, wie du mit Leuten, die dir helfen, umgehst, ist unmöglich....kein Wunder, daß du zu diesem oder jenen keinen Kontakt mehr hast..." anhören. Darauf, daß sich solche Anspielungen auf so zwischenmenschliche Katastrophen, in deren Verlauf ich teilweise nicht oder zu spät ein Ausgenutztwerden registrierte und die entsprechenden Konsequenzen von mir aus gezogen hatte, bezogen, gehe ich jetzt nicht im Detail ein.
Sagen wollte ich damit einfach nur, daß für mich das Kennen und Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse das A und O eines gesunden (!) Selbstbewußtseins ist - auch auf die Gefahr hin, als "egoistisch" zu gelten - und zwar nicht "auch wenn man hilfebedürftig ist", sondern "gerade weil".
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26.10.2007 08:14 |
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Der Betreiber von Schwerbehinderung-Aktuell.de distanziert sich hiermit ausdrücklich durch den von Cat am 26.10.2007 um 08:14 verfassten Beitrag und berufen sich auf das TMG Abschnitt 3/VerantwortlichkeitSollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen bitten wir um Benachrichtigung.
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Kevine 
B-C
 

Dabei seit: 01.05.2007
Beiträge: 86
Herkunft: aus dem schönen Mittelfranken
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Hallo zusammen,
Ich habe eurere Beiträge mit Interesse gelesen.
Zitat: |
Ich glaube, es liegt daran, daß wir einfach von Anfang an erzogen werden, daß "nein" ein Unwort ist - der Mensch sei edel, hilfreich und gut ... und wenn er dran kaputt geht.
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"NEIN" zu sagen ist ziemlich schwer, Ich bin auch so erzogen worden. Letztendlich hat es mich erdrückt.
Früher war ich überall zu gebrauchen, wenn es um das Helfen beim tapezieren, die Kranken Eltern zum Arzt zu fahren und und und. Als ich dann das erste mal nicht mehr aufstehen konnte kamen Ratschläge hier, Ratschläge da. Ich soll doch den Arzt mal probieren, zu dem Arzt gehen. Vor allem eine Schwägerin war sehr bemüht, da sie meint, Ich würde ja am nähesten bei Mutter wohnen. Hätte sie gleich gesagt, ich solle doch wieder gesund werden, daß ich mich um die Mama kümmern kann, damit es nicht bei ihnen bleibt.
Zitat: |
und wenn sich jemand auf meine Ansage hin abwendet, weiß ich wenigstens, daß da kein Geben und Nehmen, sondern nur ein Nehmen draus geworden wäre.
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Ich habe auch daraus gelernt. Da ich mit dem Auto nicht weit fahren kann, werden die Besuche zu Geschwistern, Verwandten und Bekannten weniger. Sie wissen das ich nicht weit Autofahren kann und die meisten wohnen ziemlich weit weg. Jedesmal dann die Ausage "Ich würde mich freuen, wenn du wieder mal kommst" Aber sie haben`s wohl auch nicht weiter! Bei den Benzinpreisen ist es ja auch billiger besucht zu werden.
Eigentlich muß ich sagen, daß ich bis kurz vor meinem 40. Geburtstag nur ausgenutzt wurde. Dann mußte ich das erste mal an der Wirbelsäule operiert werden. Seither muß ich "NEIN" sagen können und das mache ich auch. Ich habe auch kein schlechtes Gewissen mehr jemanden um Hilfe zu bitten.
Liebe Grüße
Kevine
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26.10.2007 18:26 |
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Der Betreiber von Schwerbehinderung-Aktuell.de distanziert sich hiermit ausdrücklich durch den von Kevine am 26.10.2007 um 18:26 verfassten Beitrag und berufen sich auf das TMG Abschnitt 3/VerantwortlichkeitSollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen bitten wir um Benachrichtigung.
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Chlarissa 
B-C
 

Dabei seit: 15.02.2007
Beiträge: 238
Herkunft: 69181 Leimen
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RE: Grenzen ziehen - wie und wann? |
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Hallo Biggi,
ich bin es mein Leben gewohnt "Ja" zu sagen.
Nach zweijähriger Therapie war ich auf dem besten Wege, das "Nein" zu lernen. Doch zur Zeit ist es wieder nicht möglich. Wenn ich nicht für die Bedürfnisse anderer da bin, ernte ich nur Vorwürfe, beleidigt sein oder weinen und das verkrafte ich einfach nicht. Also sag ich wieder schön "Ja" zu allem. Mir wächst das alles über den Kopf, ich fühle mich total ausgelaugt, aber ich kann nicht anders. Ich fühle mich einfach schuldig, wenn ich mein eigenes Leben leben will. Das Schlimme daran ist, dass ich, selbst wenn ich die Anliegen anderer erfülle, trotzdem mit falschen Beschuldigungen überhäuft werde. Das tut verdammt weh.
Nun versuche ich auf Anraten meines Therapeuten mit dem "Organlächeln" wenigstens wieder einigermaßen zur Ruhe zu kommen, doch große Fortschritte habe ich noch nicht gemacht.
LG -Chlarissa
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26.10.2007 22:16 |
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Der Betreiber von Schwerbehinderung-Aktuell.de distanziert sich hiermit ausdrücklich durch den von Chlarissa am 26.10.2007 um 22:16 verfassten Beitrag und berufen sich auf das TMG Abschnitt 3/VerantwortlichkeitSollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen bitten wir um Benachrichtigung.
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eule 
B-C
 
Dabei seit: 18.12.2006
Beiträge: 35
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hab auch so meine erfahrungen mit "grenzen setzen" gemacht. 
ich habe einen hang zum "helfersyndrom" - leider ohne gdb 
obwohl - die alltäglichen "einschränkungen" nicht "ohne" sind. 
arbeite aber hart an mir, diese unart abzulegen.
kann auch schon einige erfolge dahingehend aufweisen, aber - die rückfallquote ist noch erschreckend hoch bei mir. 
habe manchmal den eindruck, an einer suchterkrankung zu leiden. 
aber - seit mir diese unart bewußt wurde - bin ich auf einem guten weg. 
lg - eule
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30.10.2007 19:52 |
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Der Betreiber von Schwerbehinderung-Aktuell.de distanziert sich hiermit ausdrücklich durch den von eule am 30.10.2007 um 19:52 verfassten Beitrag und berufen sich auf das TMG Abschnitt 3/VerantwortlichkeitSollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen bitten wir um Benachrichtigung.
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Katzenfreak
unregistriert
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Zum Thema "Grenzen setzen" hab ich eine andere Perspektive anzubieten:
Als Rollstuhlfahrerin hab ich die Erfahrung gemacht, ständig in _fremdgesetzten_ Grenzen zu stecken, will heissen: es wird mir häufig "erklärt", was ich alles nicht kann, wozu ich zu schwach/zu unbeweglich/zu wenig belastbar etc. sei - und ich muss mir schwer die Chancen erkämpfen, Grenzen überhaupt erst einmal austesten zu "dürfen".
Offensichtlich werde ich als schmale kleinwüchsige "behinderte" Frau als armes kleines Hascherl wahrgenommen, dem man alles und jedes abzunehmen hat, nichts zutraut und das warm und kuschlig in den fremdbestimmten Grenzen "glücklich" zu werden hat.
Ich fahre jedoch erst seit 5 Jahren Rollstuhl und bilde mir ein, in diesen Jahren nicht von einer kämpferischen Intellektuellen zu einem beschützenswerten Behindi-Kindi mutiert zu sein, das man beständig vor jedweder Überforderung (und das wäre: jede Anforderung an Leistung und Verantwortlicheit) zu "beschützen" hätte.
Ich für meinen Teil muss eher die _Erweiterung_ meiner sogenannten "Grenzen" einfordern, damit ich überhaupt erst einmal Luft zum Atmen und Handeln kriege.
Just my 2 Cents - "Grenzen" funktionieren halt auf verschiedene Weisen ;-)
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11.12.2007 11:32 |
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Biggi0001 
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Hallo Unbekannte 
Ich finde deinen Beitrag super - vielen Dank zuerst mal dafür!!
Du hast Recht, Grenzen haben wir in vielerlei Hinsicht ... und gerade im Rollstuhl fahrende Menschen, genauso wie Menschen mit Gehhilfen haben oft weniger das Problem, daß sie behindert sind ... sondern eher "behindert werden" - und zwar vom Umfeld.
Ich vertrete ja freimütig die Meinung, daß man immer versuchen sollte, das individuell Mögliche SELBST zu schaffen, das hat positive Auswirkungen auf die Psyche und (meiner Überzeugung nach bei mir persönlich jedenfalls) auch auf den körperlichen Zustand.
Wir hatten dieses Thema schon mal irgendwo - ich glaub, im Chat ... dort ging es genau darum, daß viele Behinderte durch eine wohlmeinende Umwelt gehindert werden, ihren persönlichen Grad der Selbstständigkeit und Selbstmündigkeit auszuleben.
Wichtiger Punkt!! Danke nochmal dafür 
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11.12.2007 18:33 |
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